Mehr Schein als Sein? Was nützen Berater-Netzwerke wirklich?


Berater-Netzwerk

Mit Netzwerken, d.h. guten Kontakten, wird gerne geworben, weil sie das Bild vermitteln, dass der Berater nur ein paar Anrufe tätigen muss, um Ihnen zu einem neuen Job oder zumindest zu einem Interview zu verhelfen.

 

Gerne wird dabei auch auf den verdeckten Arbeitsmarkt verwiesen. Dieser ist wichtig, weil viele offenen Stellen gar nicht oder zumindest nicht zu Beginn öffentlich ausgeschrieben werden. Um von diesen Positionen zu erfahren oder dafür empfohlen zu werden sind u.a. Kontakte wichtig. 

 

Manche Werbeversprechen klingen wie ein Traum. Man engagiert einen Berater mit entsprechendem Netzwerk und schon hat man Zugang zum offenen, aber natürlich auch zum verdeckten Stellenmarkt. Darüber hinaus wird man komfortabel an zahlreichen (evtl. qualifizierteren) Mitbewerbern vorbei geschleust. Und das alles innerhalb kurzer Zeit.

 

Mit den Kontakten des Beraters sicher kein Problem oder?!


Die Realität sieht leider anders aus. Versetzen Sie sich in die Lage eines Beraters mit zahlreichen Kontakten zu Headhuntern und Personalentscheidern und seien Sie sich seiner Probleme bewusst:

 

Problem der Belästigung


Wenn große Outplacement-Agenturen für alle Kunden ihre Kontakte nutzen würden, müssten sie sich eigentlich mehrmals pro Woche bei ihren Headhuntern / Personalleitern melden, um ihre Klienten vorzuschlagen. Sie denken, das sei unrealistisch?

Wir auch! Kontakte fühlen sich zunehmend durch viele Anfragen belästigt und werden diese nur noch oberflächlich prüfen oder idR. ganz ignorieren.

 

Risiko des Fehlgriffs


Aufgrund der intensiven Betreuung deckt ein Berater bei seinem Klienten viele Stärken aber auch Schwächen auf und kann ihn  besser beurteilen als jeder Personalleiter nach einem Interview. Trotzdem besteht immer die Gefahr, dass auch ein Top-Kandidat "patzt", also das Interview oder die Probezeit nicht besteht. Dies kann unterschiedliche Gründe haben, aber der Empfehlende wird idR für diesen Misserfolg verantwortlich gemacht. Erfahrene Berater werden deshalb mit Empfehlungen äußerst zurückhaltend sein, es sei denn, sie werden vom Headhunter aktiv darum gebeten.

 

Zufallstreffer


Der Outplacement-Klient hat idR neben seiner langjährigen Berufserfahrung auch ganz konkrete Vorstellungen von seiner neuen Aufgabe. Dass sich die Erfahrungen und Vorstellungen des Bewerbers mit den Anforderungen des Kontaktes des Beraters decken, kommt vor, ist aber purer Zufall. Laut einer Umfrage (Diplomarbeit von Jörn Fischer 06/2005) verweigerten die meisten Outplacement-Agenturen die Aussage zu erfolgreichen Neubesetzungen mit eigenen Kontakten. Ein Grund dafür dürfte sein, dass es einfach nichts Positives zu berichten gab. Das hindert die Agenturen aber nicht daran, weiterhin mit ihrem Netzwerk zu werben.

 

Mangelnde Objektivität


Regelmäßig wird  zu Beginn einer Beratung eine Laufzeit vereinbart. Diese dauert einen bestimmten Zeitraum (3 - 9 Mon.) oder kann unbefristet bis zu einem Jobangebot erfolgen. Grundsätzlich profitiert ein Outplacement-Berater also von einer schnellen Vermittlung, da die Höhe seines Honorars bereits feststeht und er sich rascher einem neuen Klienten widmen kann. Soll die Vermittlung aber v.a. über das Kontaktnetz des Beraters erfolgen, besteht die Gefahr, dass deshalb Nachteiliges über den Klienten unerwähnt bleibt, also ein einseitiges Bild vermittelt wird. Werden nun diese Schwächen – die dem Berater aufgrund der intensiven Beratung ja bekannt sind – nicht an den Headhunter oder den Personalleiter weitergegeben und die Einstellung wird zum „Flop“, sehen sich beide mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Man hat „hintenrum“ eine Einstellung lanciert und damit dem neuen AG schwer geschadet.

 

Fazit


Der Berater befindet sich in einem Zielkonflikt. Einerseits erhoffen sich seine Klienten Vorteile durch seine Kontakte, andererseits muss er gerade bei Empfehlungen möglichst objektiv agieren. Erfahrene Berater haben einen Ruf zu verlieren und zögern deshalb ihre Kontakte zu Headhuntern bzw. Personalmanagern in die Vermittlung „einzubinden“. Die Gefahr, dass ihr Netzwerk dauerhaft Schaden nimmt, weil sich ihre Kontakte durch ständige Anfragen belästigt fühlen oder eine Empfehlung zum Flop wird, ist einfach zu groß.

 

Kontakte zu Stilberatern, Fotografen, Businessplan-Experten, Fachanwälten usw., die unterstützende Dienstleistungen anbieten, sind  dagegen unproblematisch und sollen sogar für den Klienten eingesetzt werden.    

 

Fasst man diese Fakten zusammen, kommt man zu dem Ergebnis, dass Berater-Netzwerke bei der Outplacement-Beratung keine so große Rolle spielen, wie gerne behauptet bzw. erhofft wird. Wichtiger und langfristig für den Erfolg entscheidend ist, dem Klienten zu helfen, sein eigenes Netzwerk aufzubauen bzw. zu aktivieren. Dieses Netzwerk ist spezifisch auf seine Bedürfnisse ausgerichtet, niemand  kommt in Interessenkonflikte und er  kann es auch in Zukunft in seiner neuen Aufgabe nutzen.